Was du von der Bildhauerin Sibylle Burrer über Selbst-Marketing lernen kannst

Die Künstlerin Sibylle Burrer agiert mit Ihrer bodenständigen, natürlichen Art sehr professionell und ich wollte wissen, wie sie als Künstlerin Selbst-Marketing betreibt.

In diesem Artikel erfährst du von Ihr, wie aus ungewöhnlichen Wegen, persönlichen Gesprächen und Begegnungen Umsatz entsteht. Wie man mit Ablehnung umgeht und sich davor schützt. Warum man als Künstler Übersetzung und Unterstützung leistet darf. Und was Sibylles Marketing mit dem Hausmeister zu tun hat.

 

Sabine: Sibylle, ich freue mich so sehr, dass du hier den Auftakt zu meinen Künstler-Gesprächen machst!

Sibylle: Das ist eine wunderbare Anfrage. Ich bin begeistert und freue mich über die Ehre den Start machen zu dürfen.


Als Webdesignerin interessiert mich gleich zu Anfang dein sehr professioneller Webauftritt. Hast du dir den selber erstellt?

Nein, ich habe das noch nie selber gemacht. Ich befüttere aber meine Homepage schon immer selbst. Und wenn ich irgendwo nicht weiter weiß, hilft mir die Agentur, die mir die Website auch konzipiert und erstellt hat.

Warum hast du das an eine Agentur gegeben?

Ich schätze die Kompetenz meiner Mitmenschen. Daher ist es für mich wichtig meine Website, in dem mir möglichen finanziellen Rahmen, von einer Webagentur ausführen zu lassen. Es gibt so viele Tätigkeiten in meinem Alltag, die nur ich selbst ausführen kann. Meine Website lasse ich ausführen. Und Zusammenarbeit ist für mich kostbar.


Du bist ja im Unternehmernetzwerk BNI mit dabei … was eher unkonventionell für einen Künstler ist.

Genau. Mich hatte damals mein Autohändler gefragt wie ich meine Kunst vermarkte, und ob er mich mal zum BNI einladen dürfe. Ich sagte zu, ging hin und das war so wie „ich bin in einem ganz spannenden, interessanten, energiereichen Umfeld“. Das hat mich einfach spontan überzeugt, und ich entschied mich dafür, ein Jahr lang mitzumachen.

Jetzt bin ich schon im fünften Jahr dabei, das hat sich durch die Kontakte, die Gespräche so entwickelt.

Ich habe das gar nicht an erster Stelle unter der Prämisse „mehr Umsatz“ gesehen, sondern es war für mich einfach anregend!

Und dann hat sich natürlich auch Umsatz ergeben. Aber nicht so mit Dollarzeichen in den Augen, …eher in dem ich einfach mit Menschen in Kontakt gekommen bin, und das meine ich ganz grundsätzlich: persönliche Gespräche und Begegnungen sind das, woraus neue Dinge entstehen können.

Das erlebe ich beinahe immer, oder auch täglich, wenn ich an jemanden heran trete.


Ich hatte letztes Jahr so einen AHA-Moment: Es geht gar nicht darum, den nächsten Auftrag zu angeln. Sondern es geht eigentlich darum, sich bekannt und bekannter zu machen, sich authentisch zu zeigen und Beziehungen zu knüpfen. Und zwar auf die Art und Weise wie es für einen selber passt und vor allem Freude macht.

Ich wurde ja auch mal vom BNI angesprochen, im Rahmen meiner Teppich-Zeit, und bin auch hingegangen. Für mich war das aber gar nichts. Da muss also jeder für sich seinen Weg finden, wie er am besten nach aussen tritt.

Ja oder einfach als aufmerksamer natürlicher Zeitgenosse unterwegs zu sein.


Wenn man als Künstler unterwegs ist, identifiziert man sich ja sehr mit seiner Kunst. Es ist sehr persönlich. Wie ist das für dich, wenn du als Künstlerin Marketing machst? Du kannst ja auch auf Ablehnung stoßen.

Indem ich Vermarktung spielerisch sehe! Es ist ganz klar, jeder von uns muss Geld verdienen, das ist ja gar nicht die Frage. Aber wenn ich einfach das Leben ein Stück weit als Abenteuerspielplatz sehe - das hat jetzt ein bisschen einen Touch - aber so nach dem Motto, das Leben ist für mich ein Erlebnisraum.

Über den BNI habe ich natürlich gelernt kurz und knapp und auch selbstbewusst zu sagen:
„Das bin ich ,das kann ich. Kann ich was für Sie tun?“ Also das ist jetzt ein bisschen sehr eingedünstet, aber weil man das jede Woche in 45 Sekunden praktiziert (die Treffen finden wöchentlich statt und alle Unternehmer präsentieren sich reihum), hat das natürlich schon auch einen Übungswert.

Und ich glaube auch, dass meine Frustrationstoleranz sehr hoch ist. Dass ich gut damit umgehen kann, wenn jemand sagt, das finde ich langweilig, das finde ich uninteressant. Oder wenn Kollegen zu mir sagen: „Deine Arbeiten kannst du zum Schrottplatz fahren, die taugen nichts.“

Ich freue mich an meinen Arbeiten, und wenn die anderen ihre Ablehnung darauf regnen lassen, dann …. Dann provoziert mich das eher im professionellen Marketingbereich: wie kann ich die anderen überzeugen, dass das, was mir ein Anliegen ist, bei ihnen ankommt.

Ich glaube dass mich Widerstand eher in Gang bringt, als abschreckt. Das hängt sicher auch mit dem Stein hauen zusammen. Stein ist ja ein Widerstand. Ich habe auch schon Granit bearbeitet, und der ist ja wirklich hart. Vor Härten schrecke ich nicht unbedingt zurück.

Eine Studienfreundin sagte einmal zu mir: „Sibylle, du bist immer fröhlich und fidel, da stimmt doch irgendwas nicht“. …weil die anderen jammern und frustriert sind usw. Meine Antwort: Ich habe mir selbst den Aufenthalt in der Badewanne des Selbstmitleides auf ganz ganz kurze Verweildauer verordnet. Es tut mir nicht gut und letztendlich bringt es auch nichts. Von daher, wenn es schon sein muss, dann wirklich nur ganz kurz. (Lacht laut)


Sehr pragmatisch :-)

Aber wenn du einerseits so pragmatisch bist, Kunst ist ja was sehr emotionales. Kannst du das dann trennen? Wenn du im Schaffensprozess bist?

Solange ich selber bildhauerisch noch im Prozess bin oder abgrundtief verunsichert bin, würde ich mich natürlich nicht der Öffentlichkeit stellen. Selbstschutz ist schon ganz wichtig.

Ich gehe dann mit meinen Werken nach außen, wenn es für mich stimmt und mir so entspricht. Und wenn dann ein anderer sagt, ich kann damit nichts anfangen, …das ist dann nichts, was mich aus dem Takt bringt. Da bin ich relativ wetterfest.

Ich kann „ich“ und „Du“ gut auseinander halten und merke auch, wann ich als Blitzableiter herhalten soll.

Aber ganz wichtig, es gibt Situation in denen es tödlich wäre, mich freundschaftlicher oder kollegialer Kritik zu stellen. Weil ich selber für mich in dem Moment keine Orientierung habe. Und in den Dialog kann man nur gehen, wenn man Ansichten und Meinungen austauschen kann. Aber wenn ich in der Meinungsfindung noch wachsweich bin, dann bin ich ja auch kein Gegenüber.


Sibylle Burrer 'Überbrücken' Skulptur aus Stein und Metall

© Foto Sibylle Burrer

Kannst du von deiner Kunst leben?

Die eigenen Arbeiten zu verkaufen und jemand zu finden der mit ihnen leben möchte, ist natürlich schon immer der große Wunsch. Andererseits ist mein Einkommen ein vielfältiger Blumenstrauß. Freie Arbeiten und Auftragsarbeiten, die ich genauso gerne realisiere wie freie Arbeiten. Ich gebe gerne Workshops für Gruppen, Schüler, Einzelpersonen. Und ich unterrichte auch an der freien Musik- und Kunstschule westlicher Enzkreis, Erwachsene und Jugendliche.


Wenn du mich nach einem Grundslogan für mein Dasein fragen würdest, würde ich dir sagen:
Mein Leben ist eine beständige Vertrauensübung.


Woher kommt bei dir deine Professionalität in der Außenkommunikation? Also z.B. deine Webseite? Du könntest ja im Sinne der Vertrauensübung auch einfach so vor dich hinpütschern und denken, wird schon. Du hast aber eine sehr professionelle Haltung und Klarheit.

Ich habe ja eine Steinmetzlehre und ein abgeschlossenes Architekturstudium. Und ich war auch vier Jahre lang angestellte Architektin. Und das Architektinnen-Dasein hat mir, was Disziplin, Folgerichtigkeit und natürlich Kommunikation betrifft, sehr geholfen.

Je klarer man kommuniziert, desto klarer kann der andere sagen „ ja, das ist bei mir angekommen“ oder „ich verstehe Sie nicht“.

Und ich habe schon das Bedürfnis: wenn ich mit anderen kommuniziere, möchte ich so nach aussen treten, dass es ankommt.


Du bist ganz normal, natürlich….

Ja, aber das wird mir zum Teil vorgehalten. Dass ich keinerlei Accessoires habe, die man von einem Künstler erwartet oder Allüren. Das, was auch zur Show dazu gehört, …da fühlt man sich von mir nicht gut versorgt.

… und unprätentiös.

Genau, wenn ich den Raum betrete denkt man nicht, hoppla, da kommt eine Künstlerin. Sondern fragt eher: „Entschuldigung, sind Sie vom Hausmeister-Team?“ (Sibylle lacht.)


Was würdest du anderen Künstlern zum Thema Selbst-Marketing mitgeben?

Ich habe neulich Farsi (eine Form des Persischen) gehört, das verstehe ich nicht. Ich benötige einen Dolmetscher, wenn ich es verstehen möchte. 


Das Bildnerische ist auch eine eigene Sprache. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das, was für einen selber selbstverständlich ist, für den anderen unter Umständen ein großes Rätsel sein kann.

Und das man schon ein Stück weit dem anderen entgegen gehen muss. Also nicht dem anderen sagt: das soll das und das bedeuten, du musst das und das dabei denken. So meine ich es jetzt nicht. Aber dass man ihm schon Übersetzungs-Unterstützung geben.

Heute ist die Welt voller Bilder. Aber Bilder, die teilweise sehr schnell getaktet sind.

Hinschauen, Kunst auf sich wirken lassen, und dann auch eine Komposition wahrnehmen können, das ist ja unter Umständen keine Sache von Schnelligkeit.

Entweder man liefert Dinge, die gefällig sind, zu denen die Leute sagen, das ist aber schön, das hänge ich in mein Wohnzimmer. Und es gibt ja Kollegen, die verkaufen da ganz vielfältig und zahlreich.

Aber wenn man Kunst macht, die vielleicht jetzt nicht gleich an der Wohnzimmerwand einen Platz finden, dann muss man schon Übersetzungsleistung bringen. Entweder das übernimmt jemand für einen, ob das jetzt ein Galerist ist oder Mäzen, oder Onkel und Tante, …irgendjemand bringt dich unter die Leute.

Und wenn man es selber macht, darf man nicht ängstlich sein. Also sich nicht verstecken hinter “ich bin ein Sensibelchen”… Viele Kollegen sagen zu mir, das würde ich mich nicht trauen, und das will ich nicht, und das kann ich nicht, und das ist meiner Kreativität nicht gemäß, …..

Dann sage ich: Wenn es mir nicht gelingt, Menschen anzusprechen, dann kann ich nicht als Bildhauerin mein Leben bestreiten.

Jeder auf seine Art, so dass es zu ihm passt. Es kann ja der Stille auf seine stille Art machen und da seine Wege finden.

Ja, genau. Aber auch der Stille muss seine Wege so finden, dass er irgendwie mit der Welt in Kontakt kommt. Es gibt immer eine Wechselwirkung zwischen mir und meinem Umraum. Ganz egal, ob ich laut oder still bin, vorsichtig oder mutig.

Also ich verstecke mich tendenziell ganz gerne ;-)… lerne aber dazu. Und habe mir daher ganz viel aus deinen Worten mitgenommen!
Liebe Sibylle, tausend Dank für deinen offenen Einblick und dafür, dass du das mit anderen Künstlern hier teilst.

 
Sibylle Burrer, Bildhauerin

Sibylle Burrer Bildhauerei
Pforzheim Baden Württemberg



Seit 1991 Dipl. Ing. Architektur
Bis 1993 Ausbildung zur Bildhauerin bei Prof. Gerlinde Beck
Seit 1997 freischaffend
Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Arbeiten befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen wie zum Beispiel dem Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg.

www.sibylle-burrer.de

© Foto Sibylle Burrer

 
Sibylle Burrer, Bildhauerin, Galerie Burrer Plus

Sibylle und ich haben uns 2018 auf der EUNIQUE, Messe für angewandte Kunst & Design, in Karlsruhe kennengelernt. Wir waren mit unseren Ständen Nachbarn, sie mit Ihren Metallobjekten, direkte daneben ich mit meinen handgewebten Teppichen. Wir haben uns sofort gut verstanden und unsere Ausstellungstücke haben bestens miteinander harmoniert.

2019 hatte sie mich dann in ihre Galerie Burrer Plus zur Gemeinschaftsausstellung Figur und Grund eingeladen. Die Galerie ist in einem ehemaligen Steinbruch - sehr verwunschen, ein Besuch lohnt sich.

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